Reallabor: Lernen fürs autonome Fahren

In zahlreichen wissenschaftlichen Projekten wird das autonome Fahren erforscht und erprobt. Eines davon trägt den sperrigen Namen „Reallabor für den Automatisierten Busbetrieb im ÖPNV“, kurz RABus. Federführend ist dabei das in Stuttgart ansässige Forschungsinstitut für Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren (FKFS). Die Projektleiterin Ulrike Weinrich hat Besucherinnen und Besuchern des Stammtischs von Electrify-BW e.V. den Stand der Dinge präsentiert.

Vorneweg eine gute Nachricht: Die Bevölkerung ist mehrheitlich aufgeschlossen, wenn es in Befragungen um die Akzeptanz autonom fahrender Transportmittel geht. Das beflügelt die RABus-Projektpartner, zu denen neben dem federführenden FKFS das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), ZF Friedrichshafen sowie verschiedene baden-württembergische Verkehrsbetriebe gehören. Gestartet ist das vom Verkehrsministerium des Landes mit 14 Millionen Euro geförderte Reallabor im Oktober 2019.

Rechtliche Situation ist geklärt

Damals waren die Projektbeteiligten noch in der praktischen Umsetzung gehemmt, weil gesetzliche Grundlagen für das fahrerlose Fahren fehlten. Zwischenzeitlich ist die rechtliche Situation positiv geklärt. Die Erleichterung darüber ist Ulrike Weinrich, die im Fach Maschinenbau promoviert hat, deutlich anzumerken: Bis Ende 2024 müssen die Ziele im RABus-Reallabor erreicht sein.

Ulrike Weinrich beim Vortrag in der Mäulesmühle

Auf zwei Teststrecken, in Friedrichshafen und in Mannheim, werden die gern auch auf Messen gezeigten futuristischen Versuchsfahrzeuge für einen Probebetrieb mit ausgesuchten Probanden fit gemacht. Der Testbetrieb soll auf Grundlage der Regeln nach SAE Level 4 erfolgen. Das ist die zweithöchste von fünf Kategorien für autonomes Fahren.

Die Fahrzeuge kommen von ZF

ZF stellt für den Betrieb in Friedrichshafen und Mannheim die für den Linienverkehr konstruierten Shuttles bereit.  Deren Innenraumgestaltung lehnt sich an das eines Linienbusses oder einer Straßenbahn an. Etwas mehr als 20 Personen finden in den Prototypen Platz, überwiegend im Stehen. Sitzplätze sind nur an den Stirnseiten vorgesehen.

Noch müssen die Shuttles viel lernen, damit sie die Streckenführung quasi „im Schlaf“ beherrschen. Sie orientieren sich zum einen an Magnetsensoren in der Straße, ansonsten kommen alle möglichen Sensoren zum Einsatz, die man aus der aktuellen Fahrzeugfertigung kennt. In Mannheim ist die Herausforderung besonders groß, weil sich das Testgebiet auf dem Konversionsareal einer ehemaligen Kaserne befindet und sich innerhalb kurzer Zeiträume die Voraussetzungen ändern können.

Lebensnahe Verhältnisse

In der badischen Metropole treffen die Wissenschaftler also auf lebensnahe Verhältnisse. Beste Voraussetzungen also für das RABus-Reallabor. Wegen der möglichen Überraschungen im Betrieb ist die Höchstgeschwindigkeit des Shuttles dort auch auf 20 Kilometer pro Stunde begrenzt. In Friedrichshafen ist geplant, auf festen Routen zwischen dem Klinikum und dem ZF-Forum einen Linienbetrieb umzusetzen. „Dafür sind dort 40 bis 60 km/h Höchstgeschwindigkeit vorgesehen“, sagt Ulrike Weinrich. Im vierten Quartal 2024 soll der nicht von jedermann nutzbare fahrerlose Linienbetrieb starten.

Deutschlandweit gibt es laut Weinrich aktuell etwa 30 parallellaufende Projekte. Volkswagen ist laut aktuellen Meldungen schon weit fortgeschritten. In München nimmt die VW-Tochter Moia den fahrerlosen Taxi-Dienst mit Passagieren auf. Der Personenkreis ist zunächst auf Behördenvertreter, Geschäftspartner und Journalisten beschränkt. Zum Einsatz kommen in der bayerischen Landeshauptstadt speziell ausgestattete Elektrofahrzeuge aus der ID.Buzz Serie. VW testet zehn selbstfahrende Lieferwagen ID.Buzz außerdem auf den Straßen in Austin/Texas.

5 Stufen zum autonomen Fahren

  • Level 1:
    Assistiertes Fahren: Einzelne Assistenzsysteme unterstützen den Fahrer.
  • Level 2:
    Teilautomatisiertes Fahren: Der Fahrer kann dem Auto das Spurhalten, Bremsen und Beschleunigen überlassen.
  • Level 3:
    Hochautomatisiertes Fahren: Das Fahrzeug fährt automatisch, der Fahrer darf sich zeitweise vom Verkehr abwenden.
  • Level 4:
    Vollautomatisiertes Fahren: Der Fahrer wird zum Passagier, das Auto kann ohne Insassen fahren.
  • Level 5:
    Autonomes Fahren: Es gibt nur noch Mitfahrende, das Fahrzeug agiert vollkommen autonom.

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