Mit Lademanagement geht das Licht nicht aus

An Stammtischen wird oft heftig, aber ohne Sachkenntnis abgeledert, wenn es um Elektroautos und das Stromnetz geht. „Wenn die alle gleichzeitig laden, geht das Licht aus“, ist ein beliebter Spruch. „So viel Strom haben wir gar nicht“, ein anderer. Beiden Aussagen widerspricht Markus Wunsch, Leiter Netzintegration Elektromobilität Netze BW, vehement. „Wir wappnen uns für den weiteren Hochlauf der E-Mobilität“, sagt er im Gespräch mit Electrify-BW.

Netze BW, eine Tochter der EnBW, ist Baden-Württembergs größter Netzversorger. Seit einigen Jahren bereitet sich das Unternehmen auf die wachsenden Anforderungen durch die E-Mobilität vor. Die Zahl der gemeldeten Ladestationen ist in der jüngsten Vergangenheit stark gestiegen. „Das trifft uns nicht unvorbereitet“, so Wunsch. In mehreren Feldversuchen habe man bereits wichtige Erkenntnisse über die Auswirkungen des Ladens von Elektroautos auf die Stromnetze gewonnen.

Grenzen mitunter erreicht

Ein Ergebnis ist, dass der ländliche Raum eine besondere Herausforderung für das Vermeiden eines Blackouts im Stromnetz darstellt. „Bei den Netzen gibt es ein Stadt-Land-Gefälle“, räumt Wunsch ein. Engmaschig sei das Leitungsnetz innerstädtisch geknüpft. In Dörfern seien die Stromkreise dagegen deutlich länger. Im ländlichen Gebiet „ist daher die Spannungshaltung problematischer als in der Stadt“. Hausanschlüsse über einen Dachständer seien vereinzelt noch immer in Betrieb. „Bei diesen Freileitungsnetzen in der Niederspannung stoßen wir mitunter heute schon an Grenzen“, sagt der Experte.

Hinzu kommt, dass das Niederspannungsnetz, an das Gebäude angeschlossen sind, flächendeckend nicht zur Überwachung konzipiert war. Wunsch sagt: „Da sind wir noch ein stückweit blind“. Der laufende sukzessive Austausch herkömmlicher Stromzähler gegen ein digitales Messsystem, so genannte Smart Meter, komme da wie gerufen. Es sei wichtig, diesen Rollout voranzutreiben. Mit den neu gewonnenen Daten ließen sich Engpässe zuverlässig erkennen – und abstellen.

Eine einfache Variante

Dort, wo es absehbar erforderlich erscheint, wird Netze BW die Netzkapazität an den Bedarf der Elektromobilität anpassen. In bestehenden Gebäuden sei die Installation von Ladestationen jedoch in den allermeisten Fällen möglich, ohne dass das Licht ausgeht. Durch die Ladestation kann eine Anpassung der Elektroinstallation im Gebäude notwendig sein. Die einfachste Variante der Ertüchtigung, so Levin Ratajczak, der bei der Netze BW für die technische Netzplanung zuständig ist, sei der Austausch der Hausanschlusssicherung gegen einen stärkeren Typ. In der Regel ist dies bis zu einer Leistung von 78 kW möglich. Bei der Netze BW schlage dies beispielsweise mit bis zu 1.440 Euro zu Buche. Bei Leistungen, die darüber hinaus gehen, kann es erforderlich werden, dass zusätzlich die Hausanschlussleitung durch ein stärkeres Kabel ersetzt werden muss. Das führt zu weiteren Kosten.

Dreh- und Angelpunkt ist in Mehrfamilienhäusern laut Wunsch die Installation eines durchdachten Lademanagements. Das sei die wichtigste Erkenntnis aller bisherigen Feldversuche. Vereinfacht gesagt wird bei Anwendung dieser Steuerung die Leistung zeitweise reduziert. Dadurch lädt das Fahrzeug trotzdem, braucht lediglich etwas mehr Zeit dafür. Zum Ausgleich von sogenannten Lastspitzen können auch Batteriespeicher zum Einsatz kommen. „Der bestehende Netzanschluss kann ausreichen und teure Tiefbauarbeiten entfallen. In den meisten Fällen kriegen wir das hin“, sagt Wunsch.

Über die Integration der Elektromobilität ins Stromnetz und die Ergebnisse der Feldversuche berichtet Netze BW detailliert hier: https://bit.ly/3IdNJl0.

Worauf es bei der Installation von Ladestationen in Wohnanlagen ankommt, hat Electrify-BW hier zusammengestellt.

Foto: Netze BW

(2) Kommentare

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  2. Die Messe i-Mobility geht wieder an den Start - Electrify-BW e. V.30.03.2022 | 15:57 Uhr

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